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Boßeln
Kampf um die Platzierungen in der Landesliga so ausgeglichen wie noch nie - Saisonausgang nicht vorhersehbar
Herzschlagfinale um den Titel, Abstiegsduelle voller Dramatik oder langweiliges Geplänkel im Mittelfeld der Liga. All das sind wesentliche Zutaten, die einen spannenden Verlauf zum Saisonende, egal in welcher Sportart, ausmachen.
Was sich die Akteure in der Boßel-Landesliga der Frauen I aber in der aktuellen Serie liefern, sucht in der langjährigen Geschichte des Friesensports seinesgleichen. Ganze vier Punkte trennt den aktuellen Tabellenführer vom derzeitigen Schlusslicht der Liga. Anders gesagt: Fünf Spieltage vor Saisonschluss können alle Teams sowohl noch absteigen, als auch Meister werden. Jeder schlägt jeden, einen klaren Favoriten, egal wer gegen wen anzutreten hat, gibt es nicht. Alle Wettinteressierten würden wohl an dieser Liga verzweifeln oder ihr Geld anderweitig investieren.
Diese ausgeglichene Situation sorgt derzeit für manch kuriose Momente auf den Straßen Ostfrieslands. Als sich am vergangenen Samstag beispielsweise die Reepsholter Werferinnen im Nachbarschaftsduell gegen Collrunge hauchdünn behaupteten, war die Freude im Ziel entsprechend groß. Genauso groß war die Hoffnung, durch diesen wichtigen Sieg endlich den vorletzten Tabellenplatz abgeben zu können und sich den ersehnten Mittelfeldplatz zu ergattern. Diese Hoffnung wurde kurze Zeit später jedoch im Vereinslokal schnell zunichtegemacht, als nach und nach die Ergebnisse der anderen Partien eintrudelten. Die obligatorischen Schnittchen, die nach einem Wettkampf gemeinsam mit dem Gegner verzehrt werden, blieben den Gastgeberinnen fast im Halse stecken. Da Norden die erste Mannschaft aus Dietrichsfeld bezwang und Ostermarsch sich überraschend hoch gegen Dietrichsfeld II durchsetzen konnte, wurde aus dem erhofften Befreiungsschlag sogar ein Abrutschen auf den letzten Tabellenplatz und ließ die Abstiegssorgen trotz des wichtigen Heimsieges wieder etwas größer werden.
Die Situation an der Tabellenspitze ist genauso spannend. Nahezu wöchentlich darf sich ein anderer Verein über den Platz an der Sonne freuen, auch Reepsholt hatte diesen im Laufe der Saison bereits inne. Umgekehrt betrachtet fand sich jede Mannschaft aber auch schon im Tabellenkeller wieder. Mehr Spannung und Ausgeglichenheit bietet derzeit kein anderer sportlicher Wettbewerb in Ostfriesland.
Wohl nur ein Hellseher könnte derzeit Auskunft darüber geben, wie sich das Rennen um Meisterschaft und Abstieg weiterentwickeln wird. Allerdings liefert auch ein genauer Blick auf die aktuelle Tabelle ein wenig Aufschluss, wohin die Reise für die einzelnen Vereine gehen könnte.
Der Schlüssel zum Klassenerhalt, beziehungsweise zur Meisterschaft wird auf des Gegners Strecke zu finden sein. Alle Teams erledigen nämlich ihre Hausaufgaben bisher recht souverän. Rahe und Ihlowerfehn liegen in der Heimstatistik mit jeweils nur zwei Minuspunkten vorne, gefolgt von den Teams aus Ardorf, Collrunge und Reepsholt, die allesamt erst drei Minuspunkte auf heimischen Asphalt zuließen.
Die Auswärtstabelle zeigt logischerweise ein entgegengesetztes Bild. Hier kann kein Team ein positives Punktekonto vorweisen. Doch auch in diesem Ranking befindet sich Ardorf in der Spitzengruppe, mit immerhin schon sechs erspielten Auswärtspunkten, gefolgt von Dietrichsfeld II. Die Auricherinnen ergatterten bislang fünf Punkte beim Gegner. Düster sieht es hier vor allem für Reepsholt aus. "Ostfreesland" ist bisher noch ohne Auswärtspunkt. Aber auch Collrunge, Ostermarsch und Müggenkrug liegen in dieser Statistik mit je zwei Pluspunkten deutlich hinter ihren Erwartungen zurück.
Setzt man also die Logik dieses Zahlenwerkes für die restlichen Begegnungen an, dann wird der kommende Meister aus dem Kreisverband Wittmund oder Aurich kommen, während die Absteiger den Kreisverbänden Friedeburg und Norden angehören werden. Konkrete Vereinsnamen zu nennen, wäre fünf Spieltage vor dem Saisonende bei der Ausgeglichenheit der Teams grob fahrlässig und käme einem Blick in die Glaskugel gleich. Außerdem ist die einzige Konstante dieser Landesliga ihre Unberechenbarkeit. Lassen wir uns also überraschen und allen Teams die Daumen drücken, ihr gestecktes Saisonziel zu erreichen. Vermutlich wird jemand eine Meisterfeier ausrichten müssen, der derzeit noch gar keinen Gedanken daran verschwendet und auch der Ort, an dem die Abstiegstränen getrocknet werden müssen, wird wohl noch für einige Zeit in den Sternen stehen.
Quelle: Anzeiger für das Harlingerland
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